Artikel der BaZ – Basler Zeitung:
E-Mobilität Radlader und Kehrmaschine mit Elektroantrieb? Auf einer Testfahrt in Reinach.
Eigentlich stiesse der Auspuff jetzt eine schwarze Rauchwolke aus, und der Motor würde lauthals losdrehen, würde dröhnen und röhren, dass man sein eigenes Wort nicht verstünde. Doch bei diesem Radlader ist alles anders. Das einzige Geräusch, das der Kramer 25.5EL von sich gibt, ist ein leises Surren – und selbst das offenbar nur, damit der Fahrer weiss, dass die Maschine auch tatsächlich läuft.
Das wäre bei den anwesenden Testfahrern allerdings kaum nötig. Denn hier, im Werkhof Reinach, sind an diesem Nachmittag ausnahmslos Profis zugegen – und ich, Journalist dieser Zeitung. Allesamt sind wir der Einladung des Fördervereins E-Mola gefolgt, dessen Name sich aus «E-Mobilität Laufental Schwarzbubenland Birsstadt» zusammensetzt. Und genau um das geht es ihm auch: die Förderung der Elektromobilität.
In dieser Branche sind zwar vor allem Teslas, der Nissan Leaf, vielleicht noch der Renault Zoë und – irgendwo an Europas Horizont – chinesische Stromer namens BYD und Geely bekannt. Doch die E-Mola setzt sich aus Fachpersonen aus Bereichen wie Energieversorgung, Ladeinfrastruktur, Gewerbe und Politik zusammen. Da überrascht nicht, auf welche Fahrzeuge der Verein am Mittwochnachmittag in Reinach den Fokus legte: strombetriebene Kommunalfahrzeuge.
Vier Tonnen, kein Mucks
So trafen sich also Werkhofmitarbeiter und Entscheidungsträger aus einem Dutzend Gemeinden, um sich einen Überblick über das Angebot zu verschaffen, also Transporter, Geräteträger, Kehrmaschinen und eben dieser Radlader, besagter Kramer, in dem ich nun – ganz klassisch – den Schlüssel drehe und ebenso klassisch auf das Gaspedal trete.
Was dann aber passiert – die Stille, das kompromisslose Anziehen des Elektromotors, die Vibrationslosigkeit -, verblüfft. Ich meine ja nur: vier Tonnen Betriebsgewicht und kein Mucks, und das für vier Stunden mit einer Akkuladung. Denn bei diesen Nutzfahrzeugen geht es nicht um Reichweite, sondern um Einsatzzeit.
Reichweite ist Holger Wahls Stichwort. Der Ingenieur ist Präsident des Vereins E-Mola. Bevor sich die rund 30 Gäste aufmachen, die Fahrzeuge auf Herz und Nieren zu testen, referiert er zu den Möglichkeiten und Vorteilen des Elektroantriebs für den kommunalen Einsatz. «Reichweite ist für die Werkhöfe kein Thema», betont er: «Lärm und Abgase für die Gemeinden und Städte allerdings schon; mit elektrischen Kommunalfahrzeugen lösen wir beides.» Zwar seien Stromer teurer, relativiert Wahl, zum Teil sogar deutlich, doch würden die geringeren Wartungskosten einen gewichtigen Teil neutralisieren. «Bei Standardfahrzeugen liegen die Einsparungen bei 70 Prozent», sagt er.
«Fantastische Entwicklung»
Guido Anderhub verkauft Kehrmaschinen bei der Aebi Schmidt AG, und das seit 48 Jahren. Kehrmaschinen, sagt der Luzerner, seien sein Ding. Dieses Ding gibt es nun auch mit Elektroantrieb. Diese Entwicklung sei schon fantastisch, sagt er. Es ist erst drei Monate her, dass er seinen ersten E-Kehrer auslieferte. Die 190 Kilometer vom Werk im Schwarzwald nach Thun nahm er persönlich auf sich.
Und nun sitzt der Journalist in ebendieser Kehrmaschine, neben ihm Guido Anderhub, der Feuer und Flamme ist für sein neues Flaggschiff, den Schmidt eSwingo 200+, wie es offiziell heisst. Dessen Anschaffungspreis liegt übrigens bei 300000 Franken – doppelt so hoch wie jener seines dieselbetriebenen Pendants.
Auch im Swingo ist es der Dreh eines Schlüssels, der die Maschine zum Laufen bringt. Runde 20 Sekunden dauert es, bis Motor und Computer hochgefahren sind, dann ertönt auch im E-Kehrer ein leises Surren. Nur hören das die Männer in Knallorange nicht, die sich angeregt vor dem Fahrzeug unterhalten. Man wird sich daran gewöhnen müssen.
Lucas Huber